Back to overview
Autor/en
27.01.2023

Sturzverbau Brünig Süd, Zentralbahn AG

Die Brünig-Linie der Zentralbahn ist wie andere Bergstrecken seit jeher Naturgefahren ausgesetzt. Insbesondere ein ca. 4 km langer Abschnitt der Bahnstrecke zwischen Meiringen und dem Brünigpass ist durch 51 identifizierte Gefahrenquellen für Stein- und Blockschlag sowie Felsstürze gefährdet.

Die steilen Brünig-Felsklippen entlang der Bahnstrecke sind bei der Alpenfaltung vor ca. 40 Mio. Jahren aus dem Meer hochgedrückt worden und bestehen aus abgestorbenen Überresten von Meerestieren. Weil die Felsoberflächen der Erosion ausgesetzt sind, entstehen die vorgenannten Naturgefahren. Für Bahnreisende bedeutet dies ein erhöhtes Risiko.

Auf Basis einer Situationsanalyse mittels 3D-Modellierung beurteilen unsere Spezialistinnen und Spezialisten die potenzielle Gefährdung und ermitteln daraus die Risiken. Bauliche Massnahmen zur Reduktion erkannter Risiken aus Naturgefahren werden vom Bund nur mitfinanziert, falls sich die Wirtschaftlichkeit nachweisen lässt (Nutzen/Kosten > 1).

Beim Projekt Sturzverbau Brünig Süd handelt es sich um das aktuell grösste Subventionierungsprojekt gegen Naturgefahren des Kantons Bern. Die Zentralbahn hat uns beauftragt als Gesamtleiter und Planer Spezialist für die Phasen 31 bis 53. Die gesamten Projektgesamtkosten inkl. Bahnleistungen betragen rund 5.5 Mio. CHF.

Zum Schutz der Bahnlinie werden seit April 2022 insgesamt 31 Steinschlagschutznetze mit einer Gesamtlänge von 1.57 km sowie ein erdbewehrter Steinschlagschutzdamm mit einer Länge von 125 m und einer Wirkungshöhe von 3.6 m erstellt. Zusätzlich werden über 3300 m2 vernagelte Felsabdeckungen ausgeführt. Alle Arbeiten erfolgen unter Bahnbetrieb.

Damit die Sicherheit für Bahnreisende und Bauarbeitende während der Realisierung gewährleistet ist, müssen Felsräumungsspezialisten vorgängig während 900 Stunden die Felswände oberhalb der Bahnlinie säubern. Zum Schutz der Bauarbeitenden werden zudem lokale Sicherungs- und Überwachungsmassnahmen vorgesehen (4000 m2 Netzabdeckung zum Arbeitsschutz). Oberhalb jeder Arbeitsstelle bieten zwei Meter hohe temporäre Schutznetze (S+P) einen zusätzlichen Arbeitsschutz.

Der erdbewehrte Steinschlagschutzdamm «System TerraMur» konnte nach nur zwei Monaten Bauzeit abgenommen werden. Dieser wurde im Sinne der Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit nur mit vor Ort vorhandenem Material erstellt. Weitere Herausforderungen waren die sehr engen Platzverhältnisse und die Aufarbeitung des vorhandenen Materials (brechen, sieben und verdichten).

Für den Bau der Steinschlagschutznetze waren rund 170 Fundamente und 340 Rück-/ Seitenabspannungen erforderlich; für die Erstellung der Fundamente teuften zwei Bohrequipen mehr als 3 km verrohrte Bohrungen für ca. 675 Anker ab. Danach wurden die Netze und Abspannungen montiert. Die 3 bis 5 m hohen Steinschlagschutznetze haben Energierückhaltekapazitäten von 100 bis 2000 kJ und können demzufolge auch grössere Steinblöcke aufhalten. Zum Vergleich: durch ein 2000 kJ-Netz könnte ein 1.5 Tonnen schweres Auto mit einer Geschwindigkeit von 180 km/h aufgehalten werden. Auch diese Arbeiten wurden zum Grossteil in Bahnnähe und unter Bahnbetrieb ausgeführt.

Die Realisierung ist mehrheitlich abgeschlossen. Im Frühjahr 2023 sind noch Fertigstellungsarbeiten in einem der acht Abschnitte vorgesehen.

Entscheidend für den Erfolg des Projekts waren die hohe Flexibilität aller Beteiligten vor Ort sowie die gemeinsame Erarbeitung und transparente Darlegung von technischen und finanziellen Lösungen. So konnten wir der Zentralbahn eine optimierte Gesamtlösung bieten.